Ansprache des Oberbürgermeisters zur Vereidigung
Die Ansprache selbst ist im Video nicht enthalten.
Nachfolgend eine Abschrift der Ansprache:
[Anreden]
Ich begrüße Sie recht herzlich als nunmehr auch vereidigter Oberbürgermeister unserer einmaligen Stadt. Und ja, liebe Besucher, Wähler und insbesondere auch jene, die mich nicht gewählt haben, auch Sie heiße ich herzlich willkommen!
Ich freue mich auf die heutige Sitzung, die viele organisatorische Beschlüsse enthält, ja enthalten muss. Ich wünsche mir noch viele Stadtrats-Sitzungen in denen die Stadtverwaltung mit mir als Oberbürgermeister zusammen mit Ihnen als Gremium ungeachtet der Zugehörigkeit zu Fraktionen im kollegialen Ringen um sachgerechte Lösungen das Beste für Pirna und seine Bürgerschaft auf den Weg zu bringen gedenkt.
An dieser Stelle möchte ich nur drei Stichpunkte, drei Schwerpunkte nennen, die ich Bürgerschaft und Rat im Laufe der künftigen Wahlperiode auf gangbaren Wegen hin zur Machbarkeit vorstellen und begründen werde. Als erstes nenne ich hier den jahrzehntelangen Stillstand und die Ideenlosigkeit in Sachen Stadt- und Kulturhalle. Ich nenne hier zweitens die Lösung in Sachen Neubau des Bauhofs, der, bis auf den Fuhrpark, nur Nostalgiker erfreuen kann und eher an ein DDR-Museum erinnert. Und ich nenne hier drittens die Prüfung sinnvoller Rekommunalisierung einst lediglich sinnvoll erscheinender Auslagerung.
Ich wünsche uns, unserer Stadt einschließlich der gesamten Region und jedem einzelnen darin eine Amtszeit ohne verheerendes Hochwasser und damit zugegeben [mit] einiger Vermessenheit etwas nicht von uns selbst Abhängendes; etwas, das meinen beiden Vorgängern leider nicht vergönnt war. Nein! Ich möchte mit Ihnen ausschließlich auf der Elbe Schlauchboot fahren!
Auch habe ich noch einen stillen, aus Trauer geborene Wunsch: In der letzten Stadtratsperiode verließen uns die Stadträte Kollege Prof. Schwerg und Kollege Bernd Köhler auf tragische und uns alle erschütternde Weise. Unser Angedenken bleibt ihnen erhalten. Ich wünsche mir sehr innig, dass dem bald neu zu wählenden Gremium derlei Schicksalsschläge erspart bleiben mögen.
Gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein persönliches Wort, den Wahltag und meinen Amtsantritt betreffend. Ich tätigte beim ersten öffentlichen Statement nach meiner Wahl die Aussage, dass ich die Loyalität der Bediensteten unserer hochgeschätzten Stadtverwaltung erforschen wollen würde. Zeter und Mordio brachen sodann [korrigiert] über den (bestenfalls auf Bewährung) Gewählten herein.
Der Amtsbruder aus Neumünster hat seinerzeit einen überaus freundlichen Übernahmevorschlag unterbreitet und wollte sämtliches Personal aus Pirna bei sich (zwischen Nord- und Ostsee) unterbringen [Quelle].
Der DLF titelte sogar (fast schon im Panikmodus): Seit Tim Lochners Wahl suchen Beschäftigte der Stadt Pirna einen neuen Job [Quelle].
Doch die Kolleginnen und Kollegen unseres Rathauses haben den Sirenengesängen in überwältigender Mehrheit widerstanden, was mir schon Beweis ihrer Loyalität genug gewesen ist.
Und in Schleswig-Holstein hat [korrigiert] dem Vernehmen nach bisher kein Einziger um parteipolitisches Asyl nachgesucht.
Aber im Ernst: Das Missverständnis, zu dem ich mich an dieser Stelle ohne Relativierung oder Verharmlosung bekennen möchte, bekennen muss, lag in der Fehlwahrnehmung, zu der ich sicherlich fahrlässig und mit unbedachter Zunge beigetragen habe: dass unser aller Treueverpflichtung nicht dem Stadtoberhaupt in personam, sondern ausschließlich der Stadt selbst zu gelten hat. Und genau so war es ausschließlich und vollständig auch gemeint; und ich bekräftige dies hiermit nochmals mit aller Entschiedenheit: Alle Bediensteten dürfen weiterhin (sofern nicht erstmals) ihre freie Meinung über mich wie über alles andere ebenso behalten und selbstverständlich auch äußern – in Wort, Schrift und auf Demonstrationsveranstaltungen jedweder Couleur.
Wo kämen wir da hin, da wir [korrigiert] Pirna zu einer Stadt des freien, des unbetreuten, intellektuellen wie volkstümlichen Diskurses weiterentwickeln wollen und dann im eigenen Hinterhof den Stalinismus fröhliche Urständ feiern ließen?! Ja, wo kämen wir da hin, meine Damen und Herren?!
Nein, verehrte Anwesende! In Pirna wird der Souverän, das Volk, wie Goethe im „Faust II“ es in Verse fasst: ein freies und auf freiem Grunde sein – und für immer soll’s so bleiben! Das allein schon schulden wir auch all jenen, zum Glück noch zahlreich unter uns weilenden Zeitzeugen der friedlichen Revolution von 1989!
Daran mitzuwirken und dabei alle Amtspflichten mit Ehrlichkeit, mit Hingabe und allmählich hinzutretender Verwaltungserfahrung an der Seite kompetenter Fachleute für Sie, für uns alle, in guter Qualität und unter vernünftigen, nicht die Nachwelt belastenden Rahmenbedingungen zu erfüllen, sehe ich meinen Auftrag für die vor uns stehende Amtsperiode.
Ich danke Ihnen für Ihren Langmut, meine Ansprache so klaglos ertragen zu haben.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen ganz herzlich!